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Innerer KI-Konflikt

"Zwischen Zeitersparnis und Verlust des Gefühls" #18


Lieber Andreas,


leider habe ich es letzte Woche nicht geschafft, dir einen Brief zu schreiben. Dann kam mir diese Woche der Gedanke, dass es mittlerweile Software (KI) gibt, um Briefe schreiben zu lassen. Ich hätte die KI einfach füttern können, so dass du gar nicht merkst, ob der Brief von mir ist oder nicht. Wie irre, oder? Ich habe in meinem Leben bisher nur einmal Texte mit KI schreiben lassen. Wieso nutze ich diese „Erleichterung“ eigentlich nicht?

 

Kennst du das Gefühl, wenn du einen Text selbst verfasst hast? Wie es sich anfühlt, darüber nachzudenken, welche Worte als nächstes kommen oder welche besser passen? Dieses befriedigende Gefühl, wenn der Artikel fertig ist. Es ist ein Teil meiner Arbeit, der sichtbar wird. Ansonsten ist alles immer so immateriell, nicht greifbar. Eben eine Dienstleistung. Was das Coaching aber letztendlich beim Kunden bewirkt – oft noch Jahre später – das bleibt vielen verborgen. Es ist so, als ob ich einen Tisch mit meinen eigenen Händen gebaut hätte.


Chat AI 

 

Wenn die KI den Text schreibt, habe ich gar keinen Bezug dazu. Kein Gefühl. Emotionslos. Und doch würdest du den Unterschied „wahrscheinlich“ nicht merken. Es macht mir auch ein wenig Angst. Nein, nicht Angst. Ich habe Respekt davor. Respekt davor, welchen Schaden es anrichten kann.

 

Viele Coaches haben ihre Social-Media-Aktivitäten bereits komplett automatisiert. Es werden nur noch wenige Stellschrauben gedreht. Täglich gehen Texte raus, die sie gar nicht selbst verfasst haben. Noch krasser, sogar Videos. Du erkennst keinen Unterschied mehr. Ein 30-Minuten-Video, das nicht selbst 30 Minuten eingesprochen wurde. Ich finde das einfach nur irre.

 

Ich bin fasziniert und schockiert zur gleichen Zeit. Auf der einen Seite möchte ich das auch, weil ich dadurch als „Business-Mama“ einfach enorm viel Zeit sparen würde, die ich anderweitig nutzen kann. Aber auf der anderen Seite auch wieder nicht, weil mir das Gefühl fehlt.

 

Denken wir weiter: Das Industriezeitalter hat dazu geführt, dass wir körperlich „eingehen“. Wir bewegen uns viel zu wenig, die körperliche Arbeit fehlt. Aber wir denken viel und waren geistig sehr aktiv. Wie du weißt, beschäftige ich mich sehr mit Hirnforschung. Bereits jetzt werden die Auswirkungen diskutiert.



 

Was passiert mit unserem Gehirn, wenn wir die „Denkaktivitäten“ (kognitive Prozesse) weitestgehend einstellen, weil eine Maschine unsere Arbeit übernimmt? Was passiert, wenn ich mir keine Gedanken mehr um Rechtschreibung, Satzstellung und generell die Bildung von Sätzen machen muss? Klar, wir können hieraus auch Vorteile ziehen, aber was überwiegt? Die Mehrheit findet heutzutage schon nicht die nötige Balance.

 

Wir werden uns definitiv stärker auf die KI verlassen, weniger autonomes Lernen praktizieren und geraten noch mehr in Abhängigkeit.

 

Da fällt mir immer das Beispiel ein -> Navigationsgerät. Als ich den Führerschein gemacht habe, habe ich anfangs noch mit Karten gearbeitet. Noch intensiver war es bei meiner Flugausbildung, da wird ausschließlich mit Karte gelernt und die Prüfung ist mit Karte. Das ist auch sehr gut und sinnvoll, denn ein technisches Gerät kann immer den Geist aufgeben und dann kostet dich das im Zweifelsfall dein Leben.




So krass ist es am Boden vielleicht nicht, aber stellen wir uns dieses Szenario doch einmal vor! Wenn wir heute nicht den Weg finden, fragen wir Google. Wir könnten aber auch Menschen um uns herum fragen. Meine Erfahrung dazu: Menschen sind heutzutage sehr oft überfordert, wenn ich ihnen den Weg zu einem Ort erkläre. Sie können es sich nicht merken und bitten mich, ihnen doch einfach den Standort zu senden.

 

Beim Reisen habe ich einen deutlichen Unterschied feststellen können. Ich bin selbst in den Modus gekommen, mein Handy zur Navigation zu nutzen. Was hat es mir im Ausland gebracht? Oft bin ich mitten in der Pampa gelandet oder das Gerät wollte mich ins Meer fahren lassen.

 

Wenn ich mich in diesen Situationen blind auf das Gerät verlasse, bin ich verloren. Der sinnvollere Weg ist, mit Menschen zu kommunizieren, zu agieren. Einheimische kennen sich meist sehr gut aus, kennen Geheimtipps und -wege. Die Hilfsbereitschaft, die dir widerfährt, ist unbezahlbar und macht deinen Urlaub zu einem Abenteuer und nachhaltigen Erlebnis.

 

Daher werde ich KI wohl erst mit Vorsicht genießen und dosiert einsetzen. Zum Beispiel indem ich diesen Brief auf gute Lesbarkeit und Grammatik überprüfen lasse, nachdem ich ihn verfasst habe. Der Inhalt wird aber nicht angerührt, denn es sind meine Worte und meine Sprache. 😊


Bin gespannt darauf, deine Sichtweise zu hören. Du bist ja schon ein paar Jährchen weiter und hast einige Trends und viel Veränderung mitbekommen.


WERTEvolle Grüße aktuell aus Deutschland, deine Jessica




 


Jessica Rumpf, geboren 1987, ist in allererster Linie Mensch und diese Haltung fließt in ihre Arbeit ein.

Die studierte Betriebswissenschaftlerin sammelte internationale Erfahrungen im Marketing, im Vertrieb, in der Eventbranche und im Finanzbereich. Sie hat bereits dreimal gegründet, erfindet sich immer wieder neu und weiß daher genau, worauf es beim eigenen Business ankommt. Sie ist eine Powermama und Unternehmerin mit viel Herz, die gern lacht und Katzen liebt.

Jessica geht ihre eigenen Wege, die sie unter anderem für ein Jahr nach Ecuador führten. Aktuell lebt sie mit ihrer Familie auf Zypern.

Sie bezeichnet sich selbst als Nonkonformistin & Querdenkerin und meint damit, dass sie andere Denkansätze verfolgt, sie hinterfragt und weicht auch mal von klassischen und konventionellen Wegen ab. Das bringt den gewünschten Fortschritt herbei und Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung voran.

 

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